EXIF-Daten, trügerische Hilfe.

 (EXIF-Daten sind Informationen über die Belichtungseinstellungen und Daten über die Ausrüstung, die durch die Kamera automatisch in das Bild geschrieben werden.)

Ihr seid mit eurer Kamera unterwegs, ihr seht ein Bild, legt die Einstellungen fest und drückt ab.
Ein Meisterwerk.
Zuhause angekommen ist in der Retusche nicht mehr viel zu tun. 

Weißabgleich, ein bisschen Helligkeit, etwas Kontrast und ein wenig Farbsättigung. 

Fertig. 

Ihr ladet es auf eure Plattformen und in eure FB-Gruppen.
Die Kommentare und Reaktionen häufen sich - ihr freut euch ein Loch in den Bauch.
Bis er kommt, der Kommentar:
"Magst du die EXIFs verraten?"
Klar, kann man machen.
Aber was soll das helfen? 

Ihr wart nachmittags unterwegs, es ist Januar, also schon leicht dunkel und habt auf euren Belichtungsmesser gehört und zwei Drittel Blenden unterbelichtet - das danach in Lightroom aber wieder etwas nach oben korrigiert.
Wenn der Fragesteller jetzt Morgen Mittag rausgeht und eure Belichtungsdaten aus den EXIFs in seiner Kamera einstellt, bei einem evtl. noch ganz anderen Motiv, was kommt dann wohl dabei raus? 

Nur mit geringer Wahrscheinlichkeit etwas Brauchbares. 

Dass da etwas Ähnliches wie euer Bild bei rauskommt, ist nahezu ausgeschlossen.  

Die Einstellung von Blende, Verschlusszeit und ISO-Wert richten sich immer nach der jeweilig vorherrschenden Lichtsituation und nach der verwendeten Ausrüstung.

Man kann ein Bild nicht einfach reproduzieren, nur weil man die gleichen Einstellungen benutzt. 

"Zum Lernen" heißt das Credo, dass man immer wieder zu hören bekommt.
Um was zu lernen?
Dass sich die Einstellungen vom Park heute nicht auf den Teich Morgen übertragen lassen?

Geschenkt. 

Aber dafür tippe ich nicht extra die EXIF-Daten ab.
"Zum Lernen" eigenet sich vor allem das Lernen. 

Zum Beispiel aus Büchern oder YouTube-Tutorials und natürlich durch das Ausprobieren, überall bekommt man erklärt, was Blende, Verschlusszeit und ISO-Wert für eine Auswirkung auf das Bild haben. 

Sich diese Daten bei einem fertigen Bild anzuschauen, bei dessen Anfertigung man nichtmal anwesend war, um die Lichtsituation einschätzen zu können, hilft nicht. 

Man muss sich das schon selbst erarbeiten. 

Noch ein Beispiel: 

Ein Fotograf macht ein Produktfoto.
Mit Studioblitzen, von mir aus einem Lichtzelt und/oder einer Hohlkehle.
Blende 8, 1/160 Sek. Belichtungszeit, ISO 64 und die Kamera steht auf dem Stativ. 

Die Blitze werden genau auf das Objekt abgestimmt und los geht's.
Und jetzt will jemand die EXIF-Daten haben. 

Und dann? 

In diesen Daten steht nichts über das Licht.
Aus ihnen geht nicht hervor, wie die Blitze eingestellt waren, über das Stativ steht da nichts und darüber, dass irgendwo ein Fenster auf oder zu war, auch nicht.

Wieder ist das Ergebnis anhand dieser Daten nicht reproduzierbar. 

Man muss es schon selbst verstehen und anwenden und dabei helfen diese Daten kein Stück. 

Man müsste die Frage stellen, wie das Bild entstanden ist. Also wie es dazu kam, dass es so aussieht, wie es aussieht. 

Da würde dann ggf. beantwortet, dass zwei Studioblitze oder Baustrahler von Links und rechts oben im Einsatz waren, die Kamera auf einem Stativ stand und man vielleicht noch einen Faltreflektor von vorne hatte.

Bei dieser Erklärung spielen die Belichtungsdaten an sich schon gar keine Rolle mehr, weil die sowieso selbst und in Abhängigkeit der verfügbaren Mittel festgelegt werden müssen. 

Also: Lieber nach der Entstehung, als nach Belichtungsdaten fragen. 

Aber wie bei jeder Regel gibt es hier Ausnahmen. 

Zum Beispiel Astrofotos. 

Auch hier sind die EXIFs natürlich keine Anleitung, aber sie geben in dieser Extremsituation einen Anhaltspunkt, wie man den Nachthimmel belichten kann. 

Hier sind die Bedingungen, je nach Motiv, mitunter sehr ähnlich.

Meistens ist es nämlich schonmal Nacht.
Außer man fotografiert die Sonne. 

Wenn man die Brennweite kennt, ergeben Verschlusszeit, Blende und ISO-Wert durchaus einen möglichen Startpunkt zum Arbeiten.

Aber auch hier lässt sich nicht alles auf die Kameraeinstellungen reduzieren. 

Da spielt dann eine entscheidende Rolle, ob zum Beispiel Neumond, Halbmond oder Vollmond ist und ob man sich in einer Stadt, in der Nähe einer Stadt oder in einer Wüste befindet.

Dann werden zum Teil hunderte Aufnahmen miteinander verrechnet um das Rauschen zu reduzieren, Farbkanäle verschoben um Details herauszuarbeiten und die Himmelskörper zu zeigen und ggf. noch andere Bearbeitungsschritte vorgenommen, die alle nicht in den Belichtungsdaten auftauchen.

Vom Startpunkt der hier oft nützlichen EXIFs ist auch hier noch ein langer Weg zum tollen Foto.

Und das ist es eben: Die EXIF-Daten helfen nur selten einem Außenstehenden - viel wichtiger ist das Drumherum, die Umstände, die Herangehensweise.
Wenn das alles klar ist, kann man die Belichtungsdaten komplett selbst ermitteln und braucht sie nicht bei Kollegen abzuschauen.

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